Ja, so sagt man. Damit es auch im Vatikan verstanden wird:
Piscis primum a capite foetet![1]
Doch diesmal hatte es anders angefangen bei manchen Mitarbeitern der vielen Bodenstationen der himmlischen Zuversicht. Sie vergriffen sich an Kindern und
Jugendlichen in Kinderheimen, Schulen, Seminaren, Sakristeien und auch im Beichtstuhl. Ob der Gestank zum Himmel stieg? Er breitete sich aus, doch er wurde verdeckt bis er doch durch die Ritzen
drang. Puh, das stinkt, riefen die Leute, woher kommt die Fäulnis?
Schnüffeldienst im Einsatz
So beauftragte der Kopf des Fisches notgedrungen für die Öffentlichkeit einen Schnüffeldienst. Der sollte den Bauch untersuchen, aber nicht den Kopf.[2]
»Der Kriminologe Christian Pfeiffer sollte den Missbrauch in der katholischen Kirche
aufklären.“ Das ging nicht gut aus. »Im Gespräch mit Giovanni
Di Lorenzo erzählt er erstmals, was ihm im Konflikt mit den
Würdenträgern widerfuhr.«[3]
Anfangs waren die Diözesen und ihre Bischöfe kooperativ. Doch als die merkten, dass auch die in die Gegenwart ragende Mitverantwortung von Bischöfen, Diözesen und
Verwaltungen hätte aufgedeckt werden können, sperrten Sie den Zugang zu den Akten und setzten die Forscher ganz forsch unter Druck:
»Über die Veröffentlichung der im Rahmen der Untersuchung erstellten Berichte, insbesondere Art und Umfang der Vorstellung
der Untersuchungsergebnisse gegenüber der Öffentlichkeit, entscheiden VDD[4] und KFN[5]gemeinsam. Ist eine Einigung nicht möglich, unterbleibt die
Veröffentlichung.«.
Da machte Pfeiffer nicht mit. »Ich denke, zu diesem Zeitpunkt war den Akteuren der Kirche zum ersten Mal bewusst, dass
unsere Forschung wehtun könnte. Und dass es uns auch darum ging, aufzudecken, dass so viele enttarnte Täter weiterbeschäftigt wurden.«
Da machte die Kirche nicht nun mehr mit und wollte die Aufklärung beenden.[6]
Schweigegeld für den Schnüffeldienst
Doch wie? Sie bot Schweigegeld: »Um uns zum Schweigen zu motivieren,
formulierte sie im Vertragsangebot, dass – mit Unterzeichnung weder wir an die Kirche noch die Kirche an uns finanzielle Ansprüche hätte. Ergänzend wurde uns mitgeteilt, dass wir nicht
ausgegebene Forschungsmittel in Höhe von circa 120.000 Euro für sonstige Forschungszwecke behalten dürfen.«
»Wir lassen uns nicht kaufen«, sagte Pfeiffer und pfiff auf das vergiftete Angebot.
Das kam aber gar nicht gut an: »Auf einmal verkrampfte Bischof Dr. Stephan Ackermann[7] — körperlich und von der Sprache her. Er redete mich mit „Professor
Pfeiffer“ an und erklärte mir, wenn ich mich weigere, den Vertrag zu unterschreiben, und der Zensurvorwurf nach draußen dringe, dann sei ich ein
Feind der katholischen Kirche – und das wünsche er niemandem. Er erklärte weiter, dass sie meinen guten Ruf öffentlich massiv attackieren würden und offenlegen müssten, welche Schwierigkeiten
es mit dem Institut gegeben habe. Er sagte, dass mir das schaden würde, dass ich es bereuen und einen schweren Fehler begehen würde, wenn ich nicht unterschriebe.« (Ackermann? Den
kennen wir doch: – O je, dass er so oft in meinem Blog vorkommt, hat mir erst die Suchfunktion offenbart[8])
Krimidrehbuch über Schweigegeld und Schnüffeldienst
Wie ging’s aus?
»Wie in einem Krimidrehbuch. Bischof Dr. Stephan Ackermann ging nach seiner Wutrede aus dem Raum,
anschließend ergriff Hans Langendörfer[9] das Wort.
… Er betonte, dass wir uns ja wirklich gut verstünden und uns menschlich so nahegekommen seien. Und er fragte, ob ich das jetzt alles zerstören wolle. Er bat mich, doch einfach über die Gründe
des Scheiterns zu schweigen.«
Und?
»Ich meinte nur: „Gegenüber einem Kriminologen bad cop, good cop zu
spielen, das geht nicht, Pater Hans Langendörfer!“ Das war dann das Ende der Veranstaltung.«
Wie ging’s weiter?
»Wir haben vor Gericht zweimal gewonnen. Die Kirche musste ihren Antrag auf einstweilige Verfügung zurückziehen und auf
ihrer Homepage den Satz streichen, sie hätte sich mit uns auf Vertragsformulierungen geeinigt, die die Wissenschaftsfreiheit respektierten. Und ich durfte weiter von Zensur sprechen.«
Vertuschungsdeodorants für Zölibate
Doch apropos Langendörfer. Der hatte nach einem Vortrag Pfeiffers (im Herbst 2011 vor den Generalvikaren, also den obersten Verwaltungsbeamten aller Bistümer)
kritisch gefragt, »ob ich wirklich so offen über den Zölibat reden musste.«
Pfeiffer hatte damit ein Tabu-Thema berührt. Schließlich beruht die Anforderung und zugleich Fiktion der katholischen Priester bis hinauf zum Papst auf der
Idealvorstellung ihrer A-Sexualität, analog der bekannten Dame ohne Unterleib, die ja auch nur eine Vorspiegelung auf Jahrmärkten ist.[10] Jetzt einen Bogen zu schlagen zur asexuell imaginierten Mutter Jesu würde zu weit führen. Zu weit jedenfalls ging es den
Würdenträgern der katholischen Kirche, den Zölibat als wichtigen Faktor in die Missbrauchsuntersuchung einbezogen zu sehen.
Zurück auf Los: Der Kopf des Fisches stinkt schon lange, wenn auch nicht so vernehmlich wie zu Zeiten der Renaissancepäpste. Sie brauchten kein
Vertuschungsdeodorant.[11] Inwiefern auch für Päpste aus neuerer
Zeit die A-Sexualität nur ein Wolkenkuckucksheim darstellt, könnte sich bald erweisen.
Kriminologe Christian Pfeiffer sagt »Das Verbieten von Sexualität ist ein Grundfehler und hat
massiv zum Missbrauch beigetragen. Die ständige Lüge von der Enthaltsamkeit vergiftet die Kirche von innen her.«
Text und Foto:Dierk Schäfer
Fußnoten: Es sind sehr viele, doch die interessierten Leser werden sie zu schätzen wissen.
[1] Piscis primum a capite
foetet! Il pesce puzza dalla testa http://www.beleadergroup.com/2017/06/19/piscis-primum-a-capite-foetet-il-pesce-puzza-dalla-testa/ Für die deutsche
Version: https://www.mundmische.de/bedeutung/20644-Der_Fisch_stinkt_vom_Kopf_her
[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/03/25/kindesmisbrauch-zweiter-anlauf-der-bischofe/
[3] alle Zitate aus: DIE ZEIT,
Nr. 17, 17. April 2019, S. 47f, Der komplette Artikel sei meinen Lesern, Gläubigen wie auch Ungläubigen, herzlich empfohlen.
[4] Verband der Diözesen
Deutschlands (VDD)
[5] Kriminologisches
Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN)
[6] »Wir haben Herrn Pfeiffer
heute gekündigt, weil das Vertrauensverhältnis völlig desolat ruiniert ist.«
[7] »Stephan Ackermann,Der
Bischof von Trier, 56, ist der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz. Dieses Amt bekleidet er seit Februar 2010. Unter seiner Ägide überarbeitete die DBK ihre Leitlinien für
den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker«
[8] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/09/26/missbrauchsbeauftragter-ackermann-hat-die-relevante-information-verschwiegen/
https://dierkschaefer.wordpress.com/2012/03/18/das-fingerspitzengefuhl-des-herrn-ackermann/
https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/12/18/damit-ist-bischof-ackermann-zum-fall-geworden/
Bischof Ackermann hat sich sogar auf den Boden geworfen und stellvertretend die Sünde der Kirche bekannt. Doch das blieb
alles im rituellen Rahmen. Herr Focke fällt aus dem Rahmen, er ist ausfallend – und er hat das Recht dazu. Herr Focke ist die Frucht kirchlicher Erziehung. https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/01/07/in-wirklichkeit-aber-sind-sie-reissende-woelfe/
Herr Werner wendet sich … nicht an die Allgemeinheit, sondern an ausgesuchte Adressaten: so
auch: sehr geehrter Bischof Ackermann https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/05/25/zwei-pfingstbotschaften-gehen-aneinander-vorbei/ Hier sein offener Brief:
https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/17/die-entstehende-neue-missbrauchsstudie-der-kirche/ https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/19/man-befurchtet-dass-sich-der-neue-fonds-als-fass-ohne-boden-entpuppen-wird/
https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/08/01/aus-dem-bistum-trier/
https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/03/25/kindesmisbrauch-zweiter-anlauf-der-bischofe/
Die katholische Kirche warf sich in Person von Herrn Ackermann bäuchlings vor den Altar und bekannte ihre
Sünden https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/07/15/das-system-schlug-mit-wucht-zuruck/
Auch innerhalb der Kirche steigen solche Blasen auf: Kinder wurden mißbraucht und weitergereicht, wie wir dem
Telefon-Hot-Line-Report von Bischof Ackermann gestern entnehmen konnten. Die Omerta, das Schweigegebot, hat jahrelang den Umgang der Kirche mit den Verfehlungen mancher Amtsträger
bestimmthttps://dierkschaefer.wordpress.com/2013/01/18/kriminelle-blasen/
Was fehlt, ist Transparenz, die nicht von Diözese zu Diözese anders definiert werden sollte. Ob Bischof Ackermann
tatsächlich für alle seine Kollegen spricht, ist nach dem Konflikt KFN-DBK fraglich: »Die Ergebnisse seien durch nichts zu beschönigen, sagte der Bischof. Allerdings werde seitens der Kirche
auch nichts beschönigt, was als Beweis der festen Absicht der Bischöfe genommen werden solle, sich einer „offenen wissenschaftlichen Aufarbeitung“ des Umfangs und der Ursachen sexueller
Gewalt in der Kirche zu stellen und die Freiheit der Wissenschaft zu respektieren.« https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/01/17/ubergriffe-als-ausdruck-liebender-verbundenheit-in-christus-oder-auserwahlung-vor-gott-ausgegeben/
Weiterbeschäftigung pädophiler Priester ausgerechnet im Bistum Trier, Sitz des Mißbrauchsbeauftragten
Ackermann. https://dierkschaefer.wordpress.com/2012/04/23/merkwurdige-inkonsequenzen-innerhalb-der-katholischen-kirche/
Sehr geehrter Herr Dr. Ackermann, als ein Anwalt, der seit Jahren Opfer sexueller Gewalt durch katholische Priester in
Deutschland und Österreich berät und vertritt, bin ich immer wieder damit konfrontiert, dass sich die Kirche gegenüber Schadenersatzansprüchen auf die Einrede der Verjährung
beruft.https://dierkschaefer.wordpress.com/page/2/?s=Ackermann
Bischof Stephan Ackermann zur Entschädigungsregelung (März
2011), https://dierkschaefer.wordpress.com/2012/02/24/bischofskonferenz-versprach-unkomplizierte-losung/
In den Karfreitagsgottesdiensten der katholischen Kirche soll eigens für die Opfer sexueller Übergriffe gebetet werden.
Der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Fälle sexuellen Missbrauchs, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, regte am Mittwoch an, in die traditionellen Fürbitten eine Bitte „für
die Kinder und Jugendlichen“ einzufügen, denen „in der Gemeinschaft der Kirche, großes Unrecht angetan wurde, die missbraucht und an Leib und Seele verletzt wurden, https://dierkschaefer.wordpress.com/2010/04/01/symbolhandlungen-und-ihre-glaubwurdigkeit-%e2%80%93-und-die-opfer-zweiter-klasse/
[9] »Hans Langendörfer – Der Jesuit ist Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz und Geschäftsführer des Verbandes der Diözesen Deutschlands.
Im VDD sind alle 27 selbstständigen Bistümer zusammengeschlossen. Langendörfer, 68, verantwortet die Rechtsgeschäfte und die Mittelvergabe des VDD.
[10] http://schaubudenzauber.de/dame-ohne-unterleib/
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Kastanienbankett